The Crow – Special Edition (USA 1994)

Original: The Crow

Laufzeit: 98 Minuten (Pal)

Studio: Buena Vista

Regie: Alex Proyas

Darsteller: Brandon Lee, Ernie Hudson, Michael Wincott, u.a.

Bildformat: 1:1,85 (16:9)

Ton: DD 5.1 Deutsch, Englisch

Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Griechisch

Extras: Making Of, Audiokommentar von Produzent Jeff Most und Drehbuchautor John Shirley, Deleted Scenes, u.m.

 

 

 

 

1. Ein Opus der Trauer

 

Der Comic „The Crow“, dessen filmische Umsetzung Alex Proyas düsteres Werk ist, entstammt den Zeichenstiften des Detroiters James O’Barr. Während er tagsüber in einer Auto-Werkstatt arbeitete, entwarf O’Barr abends die Bilder zu „The Crow“. Der Comic diente ihm, wie er selbst in Interviews bestätigte, als eine Art persönliche Therapie. Mit 16 Jahren hatte er nach vielen Schwierigkeiten während seines Heranwachsens ein Mädchen kennen gelernt. Drei Jahre waren die beiden ein Paar, planten sogar eine Heirat, bis eines abends ein betrunkener Autofahrer mit völlig überhöhter Geschwindigkeit die Freundin O’Barrs zu Tode fuhr. Das war für den jungen Mann, der geglaubt hatte, endlich ein persönliches Lebensglück gefunden zu haben, eine schmerzliche Verlusterfahrung. Motive von Trauer und Isolation, aber auch Vernachlässigung durch die Eltern, finden sich in „The Crow“, der zu den emotional wahrhaftigsten Comic-Bänden gehört. Erzählt wird im Comic wie im Film die Geschichte des Rockmusikers Eric Draven, der zusammen mit seiner Freundin durch eine marodierende Gang ermordet wird. Nach einem Jahr steigt Draven aus seinem Grab heraus, um an den Tätern tödliche Rache zu üben. Im Film steht hinter den Mördern ein übergeordneter Bösewicht, welcher Mieter aus heruntergekommenen Häusern drängt, um neue lukrative Bauprojekte anstoßen zu können. Langsam aber sicher nähert sich der mit übermenschlichen Kräften ausgestattete Draven der finalen Konfrontation. Bei seinem Rachefeldzug begegnet Eric auch einem kleinen Mädchen, das früher mit ihm und seiner Partnerin befreundet war. Die Mutter des Mädchens hängt an der Nadel und kümmert sich nicht um ihre Tochter, bis sie auf Eric trifft. „The Crow“ beschwört zu gleichen Teilen die Notwendigkeit der Trauer und die Kraft der Liebe. Beides mündet in der archaischen Erzählung einer Rache, ohne die die Ordnung der Welt einen kleinen Riss besäße. Während es die reine Liebe erst ermöglicht, dass Eric Draven mit seinen Fähigkeiten wieder aufersteht, sorgt die Durchführung der Rache für die Vollendung der Trauer. Ein Jahr zuvor war das Böse so kraftvoll hervorgetreten, dass eine Narbe entstand, die das Gleichgewicht nachhaltig störte und Draven keine Ruhe schenkte. Die Rache wird in „The Crow“ somit zum Instrument der Erlösung. Das Böse der Tat ist in den Tätern aufgehoben. Mit ihrer Eliminierung verschwindet es. Die Selbstjustiz findet in diesem phantastischen Universum ihre Legitimität in der Schändung der Unschuld, für die die Liebe zwischen Draven und seiner Freundin steht, sowie der eindeutigen Möglichkeit, sie wieder rein zu waschen. Damit wird die Trauer zu einer Mission, die es zu erfüllen gilt, und die Mission zu einem Akt der Befreiung. Das gleiche lässt sich über den Comic und seinen Schöpfer sagen, der mit der Zeichnung des Bandes einen schmerzlichen Teil seines Lebens verarbeitete und eine Selbstbefreiung durchführte. So schließt sich der Kreis zwischen phantastischer Schöpfung und echter Trauer, zwischen Realität und Fiktion.

 

2. Die visuelle Umsetzung eines Comics (Bildqualität DVD)

 

James O’Barr liebt Schwarz-weiß-Zeichnungen. Der gesamte Comic „The Crow“ besticht durch eine ausdrucksstarke, düstere Atmosphäre, welche mit der Tiefe der behandelten Emotionen korrespondiert. Die Filmemacher haben versucht die Stimmung der Vorlage in einen Farbfilm zu retten. Und wenn man sich das fertige Werk ansieht, können in manchen Szenen tatsächlich Zweifel aufkommen, ob überhaupt in Farbe gedreht wurde. Der Kameramann Dariusz Wolski arbeitete mit Filtern, die jegliche Grün- und Blautöne herausnahmen. In Verbindung mit der nächtlichen Atmosphäre sowie dem dunklen Setdesign ergibt das einen „Look“, den man metallisch-düster bezeichnen könnte. Die einzelnen Elemente des Bildaufbaus werden auf diese Weise stärker voneinander getrennt, als es bei einer realistischeren Gestaltung der Welt der Fall wäre. De Betonung des Kontrastes nimmt das künstlerische Mittel des Comics auf. Die intensiven Schwarz-weiß-Bilder der Vorlage finden ihre kongeniale Neuinterpretation im Medium Film. Auch wenn es nicht gerade besonders originell ist das Rachemotiv über starke Rottöne zu transportieren, erzielt diese Stilisierung dennoch die beabsichtigte Wirkung. „The Crow“ sieht aus wie ein organischer, filmischer Comic, dem die gelackte Künstlichkeit eines „Blade“ abgeht, und das ist gut so.

Auf die DVD wurde der Look des Films mit einem ausgezeichneten Transfer übertragen. Obwohl die Vorlage bereits etwa 10 Jahre alt ist, weist sie kaum irgendwelche Spuren auf. Bildrauschen gehört hier wirklich zur absoluten Ausnahme. Statt dessen erstrahlen die starken Kontraste sowie die Rottöne in einem wundervollen Glanz. Wie es sich für einen düsteren Film gehört, ist der Schwarz-Level meistenteils sehr gelungen. Kurz gesagt, die DVD vermag die Atmosphäre des Kinofilms ins heimische Wohnzimmer zu übertragen.

 

3. It Can’t rain all the time

 

“It can’t rain all the time” ist eines der Lieder der Band “Hangmans Joke”, deren Sänger Eric Draven war, bevor er ermordet wurde. Das Lied ist nicht nur ein Sinnbild für die im Film mitschwingende naive Aussage, dass die schlimmsten Schicksalsschläge durch einen Hoffnungsschimmer begleitet werden, sondern auch Ausdruck des musikalischen Geistes, der „The Crow“ durchweht. James O’Barr erzählt beispielsweise, dass er Funboy (ein Mitglied der marodierenden Bande) nach der körperlichen Drahtigkeit Iggy Pops gestaltet hat. In zwei Szenen des Films spielt sich Eric Draven sein Leiden in wilden Gitarrensoli über den Dächern der Stadt von der Seele. Er ist der getrieben Rockmusiker, der auch als übersinnliche Gestalt die Tiefe des musikalischen Ausdrucks sucht.

Die DVD präsentiert sich gerade in den musikalischen Teilen von ihrer guten Seite. Sowohl der deutsche als auch der englische 5.1-Track sorgen rauschfrei für räumlichen Klang.  Ansonsten wird die volle Möglichkeit der Suroundanlage aber selten genutzt. Schießereien oder sonstige Action-Sequenzen sind eher Front-Stage-lastig. Das ist zwar schade, aber die wundervolle Dynamik tröstet darüber hinweg.

 

4. Kommentar, sonstige Extras

 

Das Bonus-Material der DVD, das mit der amerikanischen Special Edition identisch ist, kann sich sehen lassen. Der Audiokommentar von Produzent Jeff Most und Drehbuchautor John Shirley bietet eine Fülle an Informationen über die Entstehung des Filmprojektes, die persönliche künstlerische Intention sowie Interpretationsansätze zum Film. Lediglich der tragische Todesfall Brandon Lees wird ausgespart, was letztlich auch sehr verständlich ist. Das 32minütige Portrait des Comic-Autoren James O’Barr erweist sich als persönlicher Monolog O’Barrs, der im Keller seines Detroiter Hauses über sein Leben und den Comic „The Crow“ erzählt. Das intime filmische Stück vermittelt interessante Einblicke in die Entstehung des Comics, in den O’Barr sehr viele persönliche Erfahrungen eingebracht hat. Ein 16minütiges „Making Of“ enthält als wichtigsten Bestandteil das wahrscheinlich letzte Interview, das Brandon Lee gegeben hat. Er äußert sich zu seiner Vorstellung über die Figur Eric Dravens. Daneben gibt es noch ein Segment, indem drei Szenen des Films ungeschnitten zu sehen sind sowie einen 6minütigen Zusammenschnitt geschnittener Szenen, Storyboards und Entwürfe des Filmsets.

 

Fazit: Eine ausgezeichnete Übertragung des Films auf DVD.

 

Stefan Dabrock

 

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